Bezugsstoffe für Polstermöbel
Sie verzweifeln am stofftechnischen Überangebot?
Mit diesen Kriterien fällt Ihnen die Entscheidung hoffentlich leichter!
Bezugsstoffe für Polstermöbel gibt es in nahezu unüberschaubarer Vielfalt. Das ist einerseits schön, andererseits kann allein die Auswahl an Materialien überfordern. Leder oder Stoff. Welches Leder? Welcher Stoff? Und wir reden hier noch nicht von Farben oder Mustern! Sich bei der Auswahl des richtigen Bezugsstoffes für sein Möbelstück zu verlaufen, ist also ziemlich einfach. Aber – mit der guten alten Pro-und-Contra-Liste können Sie bestimmte Kriterien doch schon ziemlich eingrenzen und damit zum Thema: So finden Sie den perfekten Bezugsstoff für Ihr Polstermöbel!
Inhaltsverzeichnis
- Entscheidungshilfe 1: Technische Aspekte
- Welche Funktion soll Ihr Möbel erfüllen?
- Welchen Härtegrad hat Ihre Polsterung?
- Scheuerbeständigkeit und Grammatur
- Abfärben, Ausbleichen, Pillbildung
- Reinigung und Pflege
- die traurige Nachricht
- Entscheidungshilfe 2: Ihre persönlichen Vorlieben
- Wo kauft man Bezugsstoffe für Polstermöbel?
- ein Beispiel aus der Praxis
- Technische Aspekte:
- Welche Funktion soll Ihr Möbel erfüllen?
- Welchen Härtegrad hat Ihre Polsterung?
- Scheuerbeständigkeit und Grammatur
- Abfärben, Ausbleichen, Pillbildung
- Reinigung und Pflege
- die traurige Nachricht
- Ihre persönlichen Vorlieben
- Einkaufsmöglichkeiten
- ein Praxisbeispiel
Bezugsstoffe für Polstermöbel
Entscheidungshilfe 1: Technische Aspekte
Der technische Aspekt sollte tatsächlich die Hauptrolle spielen, denn egal, wie innig Sie sich in diesen seidigen Leopardenstoff verliebt haben – die Freude über Ihren neuen Bezugsstoff wird nur von sehr kurzer Dauer sein wenn Sie feststellen, dass Ihre Katze zu gerne mit dem Leoparden spielen möchte oder Sie ein eher unruhiger Sitzer sind und Ihr Stuhlpolster also nach einem Jahr genauso zerschlissen ist wie zuvor. Machen Sie sich über folgende Punkte im Vorfeld eingehend Gedanken und grenzen Sie damit die in Frage kommenden Bezugsstoffe für Ihr Polstermöbel schrittweise ein:
technischer Aspekt Nr. 1:
Welche Funktion soll Ihr Möbel erfüllen?
Um welches Möbelstück handelt es sich? Um einen eleganten Stuhl, der als Hingucker in der Ecke fungiert? Oder um ein Sofa, auf dem Sie allabendlich mit der Familie beisammen sitzen/toben/kuscheln? Welche Funktion soll Ihr Möbel erfüllen? Wie oft wird es genutzt und von wem? Ist es ein Gästebett für Besuch zu Weihnachten oder ein täglich genutztes Bett? Ein täglich genutzes Bett für ich-stehe-so-auf-wie-ich-mich-hinlege-Schläfer oder eine Spielwiese für Verliebte? Zudem – gibt es Kinder? Haustiere? Die Funktion Ihres Möbels bestimmt die Anforderungen an dessen Möbelstoff.
technischer Aspekt Nr. 2:
Welchen Härtegrad hat Ihre Polsterung?
Ein zweiter wichtiger Faktor für die Wahl des Stofftyps ist die vorhandene oder gewünschte Polsterung des entsprechenden Möbels. Ob hart oder weich hat erheblichen Einfluss auf das Verhalten des Stoffes: Eine harte Polsterung sorgt, da sie kaum nachgibt, für weniger Faltenbildung. Der straffe Sitz begünstigt das Beibehalten einer schönen Form, dennoch wird der Stoff damit auch stärker beansprucht und ist anfällig für Risse oder höheren Verschleiß. Mit einer weichen Polsterung verliert der Stoff zwar schneller an Spannkraft und neigt damit zu Ausbeulungen oder Dellen, ist aber generell weniger beansprucht.
Beide Varianten haben Ihre Vor- und Nachteile, Sie können Ihre Entscheidung aber noch aufschieben bis Kapitel 2. Denn da der Härtegrad der Polsterung auch eine wichtige Rolle bei Optik und Bequemlichkeit spielt, kommt er dort noch einmal vor.
technischer Aspekt Nr. 3:
Scheuerbeständigkeit und Grammatur
Wie erkennen Sie nun aber, welcher Stoff für welche Beanspruchung geeignet ist? Und was meinen welche Fachbegriffe?
Die Scheuerbeständigkeit (gemessen in der Anzahl der Scheuertouren, gleichzeitig auch Einheit der Scheuerbeständigkeit) sagt aus, wie empfindlich ein Stoff gegenüber Verschleiß ist oder auch umgekehrt, wie widerstandsfähig ein Stoff gegenüber Abrieb ist. In normaler Sprache bedeutet das: Wie unbekümmert können Sie Ihr Sofa nutzen? Bestimmt wird die Scheuerbeständigkeit mit der Martindale-Methode, die einen (in unserem Beispiel Sofa)Stoff mit einem anderen Stoff (in innenraumgestalterischer Hinsicht dem Ihrer Kleidung) aneinanderscheuert.
Je höher die Anzahl der Scheuertouren, desto widerstansfähiger ist Ihr Möbelstoff. Und desto öfter kann er im Übrigen auch gereinigt werden ohne optisch Schaden zu nehmen. Als Beispiel für ein regelmäßig genutztes Sofa wird ein Minimum von 15.000 Scheuertouren empfohlen, ab 25.000 Scheuertouren gilt ein Stoff als robust.
Auch die Grammatur, angegeben in Gramm pro Quadratmeter, also das Gewicht eines Stoffes, ist ein Indikator für dessen Strapazierfähigkeit. Zwar mitnichten so eindeutig wie die Scheuerbeständigkeit, denn es besteht immer ein Zusammenhang mit dem verwendeten Material, dennoch: Stoffe mit einer höheren Grammatur sind in der Regel dichter gewebt oder bestehen aus dickerem Garn und sind damit widerstandsfähiger gegen Abnutzung und halten länger. Allgemein kann man damit sagen, je höher die Gramm-Zahl ist, also je schwerer der Stoff, umso robuster das Material, umso strapazierfähiger Ihr Sofa.
technischer Aspekt Nr. 4:
Abfärben, Ausbleichen, Pillbildung
Was wir im Allgemeinen als Abfärben bezeichnen, heißt fachsprachlich Abriebfestigkeit oder auch Reibechtheit und meint die Widerstandsfähigkeit der Farbe eines Stoffes gegenüber einem Abreiben oder Anbluten an andere Textilien. Also: Wie leicht überträgt sich das Blau Ihres Sofas auf Ihren wunderschönen weißen Rock? Gemessen wird das mit dem Crockmeter-Test, bei dem ein weißes Tuch mit einer festgelegten Anzahl von Bewegungen über beispielweise unser Blau gerieben wird. Die Gliederung geht dabei von 1 (sehr geringe Reibechtheit) bis 5 (sehr gute Reibechtheit).
Die Lichtechtheit beantwort die Frage: Wie stark bleicht ein Stoff unter Sonneneinstrahlung aus? Auch hierfür gibt es eine Skala, in diesem Fall von 1 bis 8, wobei die 1 eine sehr geringe Lichtechtheit bedeutet und 8 eine hervorragende. Wenn Sie also Langlebigkeit in Farbfragen schätzen, achten Sie auf einen Stoff mit einer hohen Lichtechtheit. Und: bedenken Sie immer auch Standort oder Abschattungsmöglichkeiten Ihres Möbels, denn starke und häufige Sonneneinstrahlung sorgt bei fast allen Stoffen für ein Verblassen oder sogar eine Änderung des Farbtons.
Pilling! Wer kennt es nicht von seinem Lieblingspullover. Diese häßlichen Knötchen entstehen durch Reibung: kleinste Fasern lösen sich und knoten sich alsdann ungeniert zusammen. Pilling ist nicht nur eine Frage des Materials, sondern auch der Web- oder Strickart und der Verarbeitungsqualität und meint: Wie schnell, wie stark fusselt ein Stoff oder bildet Faserkugeln? Das Pillingverhalten eines Stoffes wird, wie auch die Abriebfestigkeit, mit der Martindale-Methode herausgefunden. Hier geht die Skala wieder von 1 bis 5, die 1 bedeutet dabei eine sehr starke Pillbildung, die 5 bedeutet außer Gefahr.
Für all diese fünf Fachbegriffe der letzten beiden Absätze gilt also: je höher die Zahl, umso besser.
technischer Aspekt Nr. 5:
Reinigung und Plege
Auch die richtige Reinigung und Pflege verlängert die Lebensdauer Ihres Möbelstücks.
Reagieren Sie angestrengt, wenn Ihr Kind beim Abendessen etwas Tomatensauce in Ihr Polster einarbeitet hat? Wählen Sie pflegeleichte Polsterstoffe. Textilien mit speziellen Schutzbeschichtungen oder Imprägnierungen, die schmutz- oder wasserabweisend sind oder abnehmbare Bezüge, die für die Maschinenwäsche geeignet sind. Für alle empfindlicheren Stoffe oder den Fall, dass Sie mit absaugen, abwischen, abbürsten nichts mehr ausrichten können, gibt es professionelle Polsterreinigungen, bei denen die Spezialisten direkt zu Ihnen nach Hause kommen.
Ansonsten, Überraschung: Helle Stoffe verschmutzen zwar genauso schnell wie dunkle, jedoch sieht man ihnen sowohl die allgemeine Verschmutzung schneller an als auch Flecken deutlicher. Und Obacht: das Thema Abriebfestigkeit gilt nicht nur von Sofa zu Rock sondern auch umgedreht. Also lieber mit der neuen Jeans nicht gleich ohne Unterlage auf das Sofa setzen.
kein Aspekt
nur eine traurige Nachricht
Irgendeinen Tod muss man leider immer sterben. Wie so oft im Leben gibt es auch bei Bezugsstoffen für Polstermöbel nicht den einzig Wahren. Konzentrieren Sie sich also nur auf die Kriterien, die für Sie wichtig sind. Es ist nicht nötig, in jedem Bereich das Optimum zu erreichen. Wenn Sie keine direkte Sonneneinstrahlung in Ihrer Wohnung haben, können Sie die Lichtechtheit getrost vernachlässigen. Wenn Sie keine Katzen haben: her mit dem Leopardenstoff! Sie wissen wie, oder?!
Bezugsstoffe für Polstermöbel
Entscheidungshilfe 2: Ihre persönlichen Vorlieben
Nachdem die in Frage kommenden Möbelstoffe nun netterweise schon ein wenig eingegrenzt sind, entscheiden Ihre persönlichen Vorlieben den Rest. Stellen Sie sich hierzu folgende Fragen:
Sind Sie eher der lässige Typ oder mögen Sie es ordentlich? Hier kommt der Härtegrad der Polsterung zum angekündigten zweiten Mal ins Spiel. Sind Sie ein sehr ordentlicher Mensch, bevorzugen Sie höchstwahrscheinlich ein Sofa mit einer festen Polsterung, denn von diesem stehen Sie auf und alles sieht gut aus. Kein den-Stoff-zurechtzupfen, kein Glattstreichen, nur das Kissen wieder an seinen Platz legen, fertig! Möchten Sie es auch optisch lässig, werden Sie eine weiche Polsterung lieben, denn auf ihr kann der Stoff sozusagen fallen, sich in Falten legen und damit eine große Gemütlichkeit vermitteln.
Auch sitztechnisch! In eine weiche Polsterung können Sie sich regelrecht fallen lassen, sie passt sich Ihrer Körperform an, sie ist herrlich bequem. Jedoch – könnte Sie auch verantwortlich für Rückenbeschwerden sein. In diesem Fall entscheiden Sie sich doch lieber für eine harte Polsterung. Doch auch losgelöst von Rückenschmerzen: Was sind Ihre Sitzvorlieben? Mit nackten Beinen am Schreibtisch zu sitzen wäre eine weitere Inspiration? Dann kleben Sie vermutlich nicht so gerne an Kunstleder fest? Wie soll sich Ihr Stoff anfühlen wenn Sie ihn berühren? Weich und geschmeidig? Grob und strukturiert? Kühl oder wärmend?
Weiter: Welche Raumstimmung möchten Sie erreichen? Soll Ihr Raum luxuriös wirken oder doch lieber bodenständig? Inspirierend oder beruhigend? Ein strukturierter Stoff kann visuelle Tiefe bieten und ruhige Farbpaletten damit dennoch vielschichtig wirken lassen. Ein gemusterter Stoff kann ein bestimmtes Design oder Thema Ihres Raumes hervorheben, einfarbige Stoffe sind vielseitig einsetzbar, bringen Ruhe in turbulente Räume, und Farbe ist Farbe. Wie individuell Ihr persönlicher Geschmack auch ist, er wird seinen Möbelstoff finden! Allerdings:
Es kann natürlich sein, dass Ihr Sofa in einem ansonsten leeren Raum steht, meistens aber ja eher nicht. Achten Sie also bitte bei aller Freiheit in Ihren persönlichen Vorlieben unbedingt auf die Eingliederung in Ihre bestehende Einrichtung!
online | offline | offline
Wo kauft man Bezugsstoffe für Polstermöbel?
Es gibt unzählige Online-Shops, bei denen Sie diverseste Arten von Stoffen finden. Sie können nach verschiedenen Kriterien filtern (Material, Farbe, etcetera), ein guter Shop bietet auch Bildbeispiele am Objekt, also wie sieht dieser Stoff auf diesem Möbel aus. Natürlich können Sie auch Muster bestellen. Mein Tipp zur Musterbestellung: Bezahlen Sie lieber für großformatige Muster als kleine Muster umsonst zu bekommen! Ein A4-Format in Ihrem Wohnumfeld erweckt Ihre künftige Einrichtung so viel besser zum Leben als ein streichholzschachtelgroßes Gratis-Muster!
Offline: In Stoffläden. In Stoffläden finden Sie zwar nicht annähernd die Vielfalt des Internets, dafür können Sie aber direkt vor Ort den Stoff befühlen. Sie können sehen, wie er sich im Licht verändert, ein bisschen reiben, ein bisschen den Knittertest machen. Auch in Stoffläden bekommen Sie Muster, meist auch dort gegen Bezahlung, dafür aber auch eine bestimmte Zentimeterlänge der gesamten Stoffbreite, womit die Visualisierung Ihres künftigen Möbels noch besser gelingt.
Offline: beim Polsterer. Der Weg zum Polsterer ist der beste Weg der Stoffrecherche und auch meine Empfehlung. Polsterer haben sich auf Bezug- und Polsterstoffe spezialisiert und wissen damit noch genauer, welchen Anforderungen welcher Stoff gerecht wird. Stoffproben bekommen Sie dort zwar nicht, können aber Musterbücher leihen und den Stoff Ihrer Wahl für eine gewisse Zeit an dessen Bestimmungsort auf sich wirken lassen. Auch Raumausstatter sind eine Anlaufstelle dieser Art.
Bezugsstoffe für Polstermöbel
Ein Beispiel aus der Praxis
Diese Stoffrecherche war als ein Geburtstagsgeschenk beauftragt und eignet sich sehr schön als Beispiel, wie man nun eigentlich den richtigen Bezugsstoff für sein Polstermöbel findet. In bewährter Referenz-Manier also:
Was war die Ausgangssituation? Die Ausgangssituation war ein Stuhl, dessen Sitzflächenbespannung gerissen- und nicht mehr auszubessern war. Die Schwierigkeit bei dieser Recherche lag klar in der Optik. Dem roten Faden. Der, wenn er fehlt, auch schon im Kleinsten auffällig wird: Der Stuhl war Teil eines Biedermeier-Ensembles mit zugehörigem Tischchen, das eine Bemalung auswies. Eine zartrosa-dunkelgrüne Arabeske, die auch in guten Zeiten mit nichts in ihrem Grüppchen harmonierte. In ihrer Farblichkeit nicht mit sich selbst, in ihrer miniaturhaften Ausführung nicht mit dem Gesamtbild und in beiden Punkten nicht mit dem Bezugsstoff des Stuhls.
Was sollte verändert werden? Ich selbst wollte sehr gerne auch das Tischchen umarbeiten, doch das war strikt nicht gewünscht. Die Möbel sollten komplett ihre Patina behalten, es kam damit weder ein Abschleifen des Holzes in Frage, noch eine Überarbeitung der Bemalung. Auch ein Beziehen der Tischplatte mit Stoff und Glas schied aus. Das Ensemble war ein Erbstück und sollte so wenig Veränderung erfahren wie möglich.
Das Konzept: Der resultierende Verwurf der Idee, einen Klon des bisherigen Stoffmusters aufzutreiben war zwar schade, stand aber damit fest. In Frage kamen also entweder ein Design, das mit der Farbe der Tischbemalung korrespondierte, also eine Verbindung zwischen den beiden Möbeln schafft, oder ein kompletter Stilbruch, auch in Stofflichkeit und Haptik. Das Abklopfen der technischen Aspekte ergab eine freie Hand in der Auswahl, denn beide Möbel waren eher als dekorative Elemente gedacht, denn als häufig genutzter Arbeitsplatz.
Die Umsetzung: Üblicherweise überfordere ich meine Kunden nicht mit der Qual der Wahl, hier gehörte eine festgelegte Vielfalt allerdings zum Auftrag. Ich habe in diesem Fall also sechs verschiedene Möbelstoffe zusammengestellt, mein Favorit lag obenauf und ist auch der Favorit meines Kunden geworden. Nun findet sich das Rosa der Tischplattenbemalung im Bezugsstoff des Stuhls wieder und damit ist das Ensemble nicht nur wieder funktionstüchtig, sondern auch mehr vereint als je zuvor.